Die Kloßlegende
Im Schlundhaus zu Meiningen kreisten die Becher,
als – lange ist´s her – in der Runde der Zecher
ein Fremder erschien und mit kundigem Lob
seltsame Knollen aufs Tischbrett schob.
Und es sagte der Wirt, der gerade kam:
"Nehmt fort dieses Zeug! Es ist Teufelskram."
"Halt!", rief eine Stimme da, "laß dich bekehren.
Komm mit in die Küche, dort will ich dich lehren,
zu nutzen die Früchte in sinnvoller Weise.
Und wetten? Es gibt eine köstliche Speise!"
Der Wirt wurde blaß. Er hauchte: "Frau Holle?
Du, Göttin der Köche, setzt auf diese Knolle?"
Und bald schon ward in der Küche gerieben,
gepreßt und gekocht, bis kein Früchtchen geblieben;
Und schließlich dufteten, rund und weiß,
in der Schüssel die Klöße. Ein herrlicher Preis!
Und Frau Holle zum Wirte darauf wohlgemut:
"Hier ist das Receptum. Hüte es gut!"
Die Geschichte, so hörte ein Weiblein ich sagen,
hat sich genau so einst zugetragen.
Selbst heute noch werden im Thüringer Land
mancherorts Klöße drum "Hütes" genannt.